Was ist die Seinslehre von Hegel? Kurze Exposition des Systems.

Amelia Forte


                                                                                                                                                ©  Consecutio Temporum  

Der erste Teil der Logik ist die Wissenschaft vom Sein.
Ihr Gebiet ist das unmittelbare Sein und seine unmittelbaren Bestimmungen: Qualität, Quantität, Maß. Die Welt bietet sich uns zunächst als eine Gesamtheit unabhängiger Existenzen an, die unterschiedlich qualifiziert und quantifiziert, teils verstreut, teils in mehr oder weniger homogenen Gruppen zusammengefasst sind. Diese Existenzen stehen untereinander in Beziehung, aber diese Beziehungen scheinen ihnen äußerlich und gleichgültig zu sein und erscheinen ebenfalls nur als bloße Tatsachen. Die gegebene Realität unverfälscht zu erfassen, festzustellen, zu unterscheiden, zu benennen und zu messen, das ist der Ausgangspunkt der Erkenntnis. Doch so einfach diese Vorgänge auch sein mögen, sie beinhalten bereits eine Vielzahl von Kategorien, die wir meist verwenden, ohne uns dessen ausdrücklich bewusst zu sein. Die Wissenschaft des Seins legt diese Kategorien frei, bestimmt durch die dialektische Methode ihre genaue Bedeutung und ihre notwendige Verkettung. Auf diese Weise beweist sie, dass die verschiedenen Bestimmungen des Seins, die scheinbar nur nebeneinander oder übereinander stehen, sich tatsächlich gegenseitig nennen und nur durch ihre Verbindung eine Realität haben. An ihrem Ende wird sie den Begriff der unmittelbaren Existenz vollständig geklärt haben. Dadurch hat sie ihn sozusagen zum Verschwinden gebracht. Sie hat uns verstehen lassen, dass das unmittelbare Sein, selbst wenn es in seiner Gesamtheit betrachtet wird, sich nicht selbst genügt, dass es für sich genommen widersprüchlich und absurd ist, dass man, um es zu hören, sich in eine Sphäre erheben muss, die es beherrscht und in sich aufnimmt: die der Reflexion und der Essenz.

Wie wir bereits festgestellt haben, muss der Ausgangspunkt der Logik die abstrakteste und leerste Idee sein, d.h. die Idee des Seins, des reinen Seins, des Seins, das nichts anderes ist als das Sein ohne irgendeine Art von innerer oder äußerer Bestimmung, ohne Qualität, ohne Beziehung. Das so verstandene Sein ist im Grunde nur die leere Form der Bejahung, eine Bejahung, durch die nichts bejaht wird. “Wenn man hier von einer Intuition sprechen kann, gibt es nichts im Sein, das diese Intuition erfassen könnte, oder wenn man so will, ist es selbst nur diese reine und leere Intuition. Es gibt auch nichts in ihm, das Gegenstand eines Gedankens sein könnte, oder, wenn man so will, ist es selbst nur dieser leere Gedanke. Das unmittelbare, unbestimmte Sein ist in Wirklichkeit das Nichts, nicht mehr und nicht weniger als das Nichts”.

Andererseits ist “das Nichts, das reine Nichts, einfach gleich mit sich selbst, vollkommene Leere, völlige Abwesenheit von Bestimmtheit und Inhalt, Ununterscheidbarkeit in sich selbst. Soweit hier von Intuition oder Denken die Rede sein kann, gibt es einen Unterschied zwischen dem Wahrnehmen und Denken von etwas oder nichts, es sind zwei verschiedene Tatsachen, daher ist das Nichts in unserer Intuition oder in unserem Denken, oder vielmehr ist es die Intuition des leeren Denkens selbst; dieselbe leere Intuition oder leeres Denken wie das Sein. – Das Nichts ist somit dieselbe Bestimmtheit oder vielmehr dieselbe Unbestimmtheit wie das Sein, jedenfalls ist es dasselbe Ding.”

Somit ist der absolute Gegensatz von Sein und Nichts nicht wahr, da er nicht formuliert werden kann, ohne sich selbst aufzuheben und sich in Identität zu verwandeln. Ihre Ununterscheidbarkeit ist rein und einfach, ihre vollständige Identifikation ist ebenfalls nicht wahr, da sie die unmittelbare und absolute Kontradiktion ist. “Wahr ist, dass sie absolut verschieden, aber gleichzeitig untrennbar sind, und dass, sobald man sie trennen will, jedes von ihnen sofort in seinem Gegenteil verschwindet. Ihre Wahrheit ist daher dieses eigentliche Verblassen des einen im anderen, das Werden”.

Das Werden, das wir hier haben, ist ein logisches Werden. Es ist die Einheit von Sein und Nichts, eine Einheit, die noch unbestimmt ist und daher alle Bestimmungen enthält. Es ist das Milieu, in dem sich alle späteren Momente des Seins entwickeln werden. Es darf nicht, wie es manchmal gemildert wurde, als ein Cliangeniont in der Zeit irnaginor werden. Zeit und Raum erscheinen erst mit der Natur. Sie sind der Logif[ie] fremd. Das reine Sein ist nicht das wahre Sein, da es sofort in das Nichts fällt. Wahres Sein ist das Sein, das das Nichts nicht ausschließt, sondern es in sich zulässt, das sich selbst bestätigt, indem es sich selbst verneint und durch seine Negation selbst. Das reine Sein und das reine Nichts sind die abstrakten Grenzen, zwischen denen sich das undefinierte Feld des wahren Seins erstreckt. Dieses Sein ist noch nicht das bestimmte Sein, die Existenz, die wir später noch kennenlernen werden. Es ist nur das Werden, d.h. das Unbestimmbare oder, wenn man so will, das wahrhaft Unbestimmte. Das reine Sein wird zunächst als das absolut Unbestimmte begriffen, aber gerade weil es sich als solches versteht, gerät es in einen Widerspruch. Es bestimmt sich selbst absolut zur Unbestimmtheit. Er schließt von sich aus jede weitere Bestimmung aus und manifestiert sich so als absolut bestimmt. Im Gegensatz dazu ist dieses unbestimmte Feld möglicher Bestimmungen, das Hegel das Werden nennt, das wahrhaft Unbestimmte, das Sein (pii), das dadurch, dass es sich selbst dazu bestimmt hat, seine Negation zu empfangen, aufgehört hat, die Bestimmung auszuschließen. Es ist das Unbestimmte, das als bestimmbar bestimmt wird, die amorphe und flüssige Materie, die alle Formen annehmen kann.

Das Werden versöhnt den Widerspruch von Sein und Nichtsein, aber in ihm entsteht ein neuer Widerspruch. Das reine Werden ist nicht weniger unvorstellbar als das reine Sein und das reine Nichts. Das Werden ist das gleichzeitige Verlöschen von Sein und Nichtsein. Doch mit ihnen verschwindet auch ihr Gegensatz und damit das Werden selbst. Absolut zu werden bedeutet, überhaupt nichts zu werden, folglich bedeutet es, nicht zu werden. Die Unbestimmtheit verwirklicht sich nur als Gleichgültigkeit gegenüber jeder Bestimmung, nur als ständiger Übergang von der einen zur anderen. Proteus kann alle Formen annehmen, aber nicht ohne eine einzige bleiben. Das Werden, die unbeständige und bewegliche Einheit von Sein und Nichts wird sich daher zumindest vorübergehend in ihrer stabilen Einheit festsetzen müssen {vuliigc Einheil). Diese Einheit ist das Sein, aber nicht mehr das unbestimmte Sein des Anfangs, es ist das Sein, das aus dem Zweiwerden hervorgeht und das, wie das Werden, die Negation in sich enthält. Es ist mit einem Wort die Existenz, das bestimmte Sein.

Im bestimmten Sein ist die Bestimmung eins mit dem Sein. Sie tritt nicht wie ein Prädikat zu einem Subjekt hinzu, ihre Beziehung ist nicht die des Universellen zum Besonderen, der Gattung zur Art. Die Bestimmung, die so als konstitutiv für das Bestimmte aufgefasst wird, ist die Qualität. Aber der Prozess, der uns vom reinen Sein zum bestimmten Sein geführt hat, muss sich notwendigerweise, mutatis mutandis, für das Nichts wiederholen. Die Bestimmung der Gegensätze ist eins. Folglich steht dem bestimmten Sein ein ebenso bestimmtes Nichtsein gegenüber, ein qualifiziertes Nichtsein. Das Nichtsein der Qualität ist eine weitere Qualität, die mit den Namen Entbehrung oder Mangel bezeichnet wird. Das Farblose zum Beispiel ist ein Begriff derselben Ordnung wie das Farbige, und das eine kann ebenso gut existieren wie das andere. Daher unterscheidet sich in der bestimmten oder qualifizierten Existenz die Qualität, ohne sich vom Sein zu trennen, von diesem. Das bestimmte Sein ist das Sein der Qualität, eine bestimmte Qualität, die das bestimmte Sein {Daseyn) ist, wird zum existierenden Deter- minat [daseyend), d.h. zum Etwas {Bticas, ali- quid). In dem Etwas werden zwei Elemente, die Qualität und das Sein, gleichzeitig unterschieden und vereint, ihre Trennung wird zuerst gesetzt und dann verneint: Das Etwas ist somit die erste Negation der Negation, folglich das erste wahre Konkrete. Es ist die erste und abstrakteste Bestimmung des Subjekts. Diese Bestimmung wird sich in den höchsten Sphären der Wissenschaft wiederholen. Der Verkauf kann nicht im Zustand der bloßen Abstraktion bleiben. Die Existenz wird als existierend bestimmt, und so muss auch das Leben als Tier, das Denken als denkendes Subjekt und die Gottheit als Gott entstehen.

Das Etwas ist eine neue und konkretere Form des Seins, der eine neue Form des Nichts entgegengesetzt wird. Die Negation des Etwas ist nicht mehr das abstrakte Nichts, das, was absolut nicht ist, sondern das, was nicht das Etwas ist, es ist etwas anderes oder, einfacher gesagt, es ist der andere. Aber auch das Andere ist, für sich betrachtet, ein Etwas, in Bezug auf das das Erste wiederum das Andere ist. Das Etwas geht also in das Andere und das Andere in das Etwas über, so wie vorhin das Sein in das Nichts und das Nichts in das Sein übergegangen ist. Dieser Übergang scheint auf den ersten Blick nur ein Spiel der äußeren und subjektiven Reflexion zu sein. Es scheint, dass es hier nur zwei Etwas gibt, die unterschiedslos das eine und das andere sind nach.

der Reihenfolge, in der ich sie zu betrachten beliebt, und dass der Übergang von dem quchjiic Etwas in das andere nur ein Wechsel des Standpunkts des Subjekts ist, das sie vergleicht. Wenn dies jedoch der Fall wäre, würde das Andere, da es absolut außerhalb des Etwas bleibt, für das Etwas so sein, als ob es nicht wäre; es wäre für das Etwas gleichbedeutend mit dem Nichtsein, dem Nichts ahsulu. Dadurch würde das Etwas sofort seine Bestimmtheit verlieren, die im Grunde nur sein Gegensatz zum Anderen ist, und in das reine Sein zurückfallen.

Der Übergang zum Anderen ist also eine intrinsische Bestimmung des Etwas; so wie das reine Sein sich sofort in Nichts verwandelt, wird das reine Etwas sofort zum reinen oder absoluten Anderen. Die Wahrheit liegt also weder in dem Etwas noch in dem Anderen, sondern in diesem Übergang selbst: Das Etwas ist wesentlich dazu bestimmt, ein Anderes zu sein, ein absolut Anderes, das heißt, es muss ständig ein Anderes werden, es ist wesentlich wandelbar und vergänglich. Dies ist die Veränderung, das konkrete Werden, das nicht mehr Sein und Nichts als Begriffe hat, sondern zwei Existenzen: das Etwas und das Andere. Das ist die Veränderung nach Aristoteles. Die reine Veränderung ist jedoch nicht verständlicher als das reine Werden. In der Veränderung ist das Wesen, das sich verändert, in jedem Augenblick ein anderes als es selbst, aber da seine einzige Bestimmung gerade darin besteht, ein anderes als es selbst zu sein, und da es diese Bestimmung durch seine Veränderung hindurch beibehält, bleibt es in dieser Veränderung ständig mit sich selbst identisch. Dies ist der innere Widerspruch der reinen Veränderung.

Die wahre Veränderung kann nur die Veränderung eines bestimmten Etwas in ein bestimmtes Anderes sein. Die beiden Begriffe müssen bestimmt und relativ zueinander bestimmt sein. Sie müssen ausdrücklich in Beziehung zueinander gesetzt werden. Um das Werden zu verstehen, mussten wir Vètre determiniert (absolut . Um die Veränderung zu verstehen, müssen wir das bestimmte Etwas in Bezug auf das andere setzen. Wir müssen in das Etwas ausdrücklich seine Beziehung zu seinem Gegenteil, d.h. zu dem anderen, einführen. Das Sein des Etwas ist notwendigerweise das Sein für ein Anderes. So zeigt sich das Etwas, das sich bereits als Variable bestimmt hat, hier als Relativität. Dennoch kann diese Relativität keine intrinsische Bestimmung ausschließen. Es wäre kontradiktorisch, wenn nichts nur für etwas anderes wäre, wenn alle Existenz auf ein Außen ohne ein Innen reduziert wäre. Die Existenz des Etwas muss daher in zwei Momente gespalten werden, das Sein in sich selbst oder das innere Sein (an sic h seyn) und das Sein außerhalb von sich selbst oder das Sein für einen anderen. Diese Spaltung kann jedoch nicht bis zur vollständigen Auflösung des Etwas gehen. Es bewahrt seine Identität in diesem Gegensatz von Innen und Außen. Das Etwas ist für andere Dinge das, was es in sich selbst ist, und es ist in sich selbst das, was es für andere Dinge ist. 11 manifestiert seine innere Bestimmung nach außen, und diese ist nur die Virtualität seiner Manifestation. Die Gegenüberstellung von Innen und Außen sowie ihre Einheit zeigen sich hier nur in ihrer abstraktesten Form. Wir werden sie in den höheren Sphären der Logik genauer und konkreter wiederfinden.

Die Relativität des Etwas wird uns dazu führen, seine Endlichkeit zu erkennen. Das wechselseitige Verhältnis des Etwas und des Anderen ist ein wesentlich negatives Verhältnis.

Der andere ist für das Etwas eine Grenze, gleichzeitig findet er selbst seine Grenze in dem Etwas. Die Grenze ist also den beiden gegensätzlichen Existenzen wesentlich gemeinsam; durch sie berühren sie sich und verschmelzen miteinander. Gleichzeitig sind sie aber auch durch sie getrennt. Jede ist und ist nicht, ist sie selbst und anders als sie selbst. Die Grenze ist sowohl der Anfang als auch das Ende des Begrenzten. Sie ist in gewisser Weise auch die Mitte, das innere und konstitutive Element. Das Etwas existiert nur als etwas Bestimmtes oder Begrenztes, und es ist nur innerhalb seiner Grenze ein solches. So ist der Punkt die Grenze der Linie und, man könnte sagen, auch ihr Element, da die Linie nur durch und in ihren verschiedenen Punkten existiert. Die Grenze ist also gleichzeitig das Sein und das Nichtsein des Begrenzten, das, was es setzt und das, was es aufhebt, das, was es ausschließt und das, was es konstituiert; sie ist in jedem Fall der konzentrierte und verwirklichte Widerspruch. Das endliche Sein ist radikal widersprüchlich und selbstzerstörerisch. Die Verneinung des Endlichen ist die Bejahung des Unendlichen. Indem es sich selbst aufhebt, macht das Endliche Platz für sein Gegenteil. Die Unendlichkeit, wie sie sich uns zunächst präsentiert, ist jedoch nicht die wahre Unendlichkeit. Es ist die bloße Antithese zum Endlichen, seine absolute und unmittelbare Negation. So konzipiert, enthält die Unendlichkeit ihre eigene Negation, widerspricht sich selbst und geht unmittelbar in das Endliche über. Die Ausschließlichkeit ist natürlich reziprok. Die Unendlichkeit, die das Endliche absolut ausschließt, ist selbst absolut vom Endlichen ausgeschlossen. Es findet also in ihm seine Grenze. Wir haben geglaubt, das Unendliche dem Endlichen gegenüberzustellen, und wir haben nur zwei Endliche einander gegenübergestellt. Die wahre Unendlichkeit muss sich gegenüber ihrem Gegenteil so verhalten. Sie muss es durchdringen und absorbieren, in ihm enthalten sein und es enthalten. Sie kann nicht nur einen der Begriffe der Anti-Nomenklatur, sondern beide Begriffe gleichzeitig haben. 11 muss mit einem Wort er selbst und sein Gegenteil sein.

Der enthaltene Widerspruch wird sich in einem neuen Aspekt zeigen. Da die Grenze die Negation des begrenzten Wesens ist, verneint das Wesen, das im Wesentlichen Selbstbehauptung ist, seine Grenze. Von diesem neuen Standpunkt aus betrachtet wird die Grenze zum Grenzstein; sie erscheint als ein Hindernis für die Ausdehnung des begrenzten Wesens, und dieses strebt sozusagen danach, sie abzuwehren. Andererseits wird das Sein an sich des Etwas dadurch zum Sollen, d.h. zur Verneinung der Grenze, oder, wenn man das allzu Konkrete des Ausdrucks beiseite lässt, zu einem unbestimmten Streben nach dem Sein. Das Sein-Müssen ist in einem gewissen Sinne bereits die Unendlichkeit, die Unendlichkeit im Endlichen; aber eine noch umhüllte und virtuelle Unendlichkeit. Das “sein müssen” ist die Bestimmung des Endlichen, in der sich seine wesentliche Beziehung zum Unendlichen manifestiert. Der Widerspruch des Endlichen und gleichzeitig seine Endlichkeit bestehen allein darin, dass es nicht das ist, was es sein soll. Um sich von diesem Widerspruch zu befreien, verneint das Endliche sich selbst, verneint die Grenze, die es zu dem macht, was es ist, überwindet sich selbst und dringt in das Jenseits ein. Aber wenn es ins Jenseits eindringt, dann nur, um sich dort selbst zu bestätigen, um dort das zu bleiben, was es im Diesseits war, nämlich das Endliche. Es überschreitet also seine Grenze nur, um sich selbst eine neue Grenze zu setzen, die es wiederum überschreiten muss, und das auf unbestimmte Zeit. So bejaht und verneint das Endliche abwechselnd seine Endlichkeit, setzt und unterdrückt abwechselnd das Unendliche. Wir haben hier zwar die Unendlichkeit in Form eines unendlich fortgesetzten Fortschritts, aber das ist nur eine falsche Unendlichkeit, in der die Endlichkeit nur verneint wird, um sie gleich wieder zu bestätigen. In dem monotonen Wechsel der beiden Begriffe taucht der Widerspruch, der in einem Moment beseitigt wurde, im nächsten Moment wieder auf. Die Lösung erscheint gleichzeitig notwendig und unmöglich.

In dieser falschen Unendlichkeit offenbart sich jedoch bereits die Natur der wahren Unendlichkeit. Der unbestimmte Fortschritt ist in gewisser Weise die äußere und unmittelbare Erscheinung. Um ihn zu lösen, muss man nur seine innere Bedeutung verstehen und ihn auf sein Gesetz zurückführen. Dieses Gesetz ist sehr einfach. Jeder der beiden entgegengesetzten Begriffe verneint sich selbst und setzt sein Gegenteil voraus, aber nur, um es sogleich zu beseitigen und sich selbst durch die Verneinung dieses Gegenteils zu bestätigen. Auf diese Weise erhebt sich jeder der beiden Begriffe, sowohl der endliche als auch der unendliche, zur wahren Unendlichkeit. Die Unendlichkeit besteht nicht in der einfachen Negation der Grenze, von der wir bereits wissen, dass sie widersprüchlich ist. In der wahren Unendlichkeit muss die Begrenzung sowohl verneint als auch bewahrt werden; sie muss so bewahrt werden, dass sie der Selbstbehauptung nicht mehr entgegensteht. Und genau das ist gerade geschehen. Die Unendlichkeit ist das Wesen, das sich in und durch seine Negation bestätigt, das sie abwechselnd setzt und aufhebt und sie zum Instrument seiner eigenen Verwirklichung macht. Dieses Unendliche schließt das Endliche nicht mehr absolut aus. Folglich steht es ihm nicht mehr als ein fremder und antagonistischer Begriff gegenüber, in dem es selbst seine Grenze finden würde. Er nimmt es vielmehr in sich auf und macht es zu einem Moment seiner eigenen Existenz. Er ist es selbst, der ihn setzt, der ihn in sich und für sich setzt. Wie Hegel es ausdrückte, ist das Unendliche in seiner Beziehung zu seinem Gegenteil sowohl einer der beiden Begriffe als auch die gesamte Beziehung. Die wahre Unendlichkeit ist ein Werden, aber ein konkretes und bestimmtes Werden, bei dem die beiden Begriffe, deren Gegensatz sich auflöst, nicht mehr das abstrakte Sein und das abstrakte Nichts oder gar das Etwas und das Andere sind, sondern die Unendlichkeit selbst und das Endliche. Es ist ein ganz inneres Werden, in dem das Unendliche aus seiner Abstraktion heraustritt und sich selbst verwirklicht, indem es sein Gegenteil setzt und aufhebt. Das Gegenteil hört damit auf, eine unabhängige Existenz zu haben, es ist nur noch in und für das Unendliche, es wird gleichzeitig aufgehoben und bewahrt, es hat mit einem Wort nur noch eine ideale Existenz. Die Unendlichkeit als Begriff der Opposition folgt übrigens der Bedingung ihres Gegenteils, und auch sie existiert nur ideell. Aber wenn sie in gewisser Weise nur ein ideales Moment der Totalität ist, ist sie andererseits auch die Totalität selbst. Er ist also zugleich ideal und real: Er ist und er ist für sich. Das so bestimmte Sein, das ideale und zugleich reale Sein, das Sein, das sich selbst durch sein Gegenteil reflektiert, ist Vrtre pour soi . Das Sein für sich selbst ist eine konkretere Bestimmung des Subjekts als das Etwas; mit ihm erscheint bereits in seiner elementarsten Form jene Selbstreflexion, jene vermittelte Identität mit sich selbst, die wir im Bewusstsein und noch ausdrücklicher im Selbstbewusstsein voll verwirklicht finden. Hier haben wir die wahre Unendlichkeit, aber eine rein abstrakte und qualitative Unendlichkeit: die Unendlichkeit als Qualität oder die Qualität der Unendlichkeit, die abstrakte Infi- nität. Wir wissen jedoch bereits, dass die Wahrheit nicht in der Abstraktion liegt und dass diese in einer konkreten Existenz Gestalt annehmen muss. Das Leben für sich selbst muss in einem Leben für sich selbst verwirklicht werden. Das, was als für sich selbst existierend bestimmt wurde, ist ein ijuolque chose, das als solches bestehen bleibt, d.h. eine besondere und exklusive Existenz, die die Virtualität des unendlichen Werdens nicht ausschöpfen kann.

Seine formale Unendlichkeit besteht nur darin, dass er seine vollständige Bestimmung in sich selbst hat und dass es für ihn folglich kein Jenseits mehr gibt. Wenn er nicht mehr durch den anderen begrenzt ist, dann ist er sich selbst seine Grenze. Das ist seine Qualität, und das ist absolut die Qualität in ihrer vollkommenen Übereinstimmung mit seinem Begriff. Nach diesem Begriff ist die Qualität die Bestimmtheit, die mit dem Sein eins ist. Die Bestimmung ist aber nur dann wirklich mit dem Sein identisch, wenn sie aufhört, etwas außerhalb des Seins vorauszusetzen. Diese absolute Konzentration der Bestimmtheit im Sein ist in der formalen Unendlichkeit als Ergebnis ihres inneren Werdens aufgetreten. In diesem Ergebnis schwindet das Werden. Von der Sphäre der Qualität, die sich nun vollständig verwirklicht hat, bleibt nur dieses Ergebnis übrig: das absolut in sich selbst bestimmte Sein, d.h. die Eins.

In der Einheit erreicht die Qualität ihre höchste Realität. Durch die dem Einen eigene Dialektik wird sie in ihr Gegenteil übergehen. Dieses Gegenteil ist die Quantität, d.h. die Bestimmung, die nicht mehr mit dem Sein identisch ist, die sich ändern kann und sich tatsächlich ändert, ohne dass das Sein davon betroffen ist. Das Eine ist wieder das Sein, aber es ist das Sein, das nunmehr durch die Vermittlung bestimmt wird, die in ihm stattgefunden hat und die er supremiert hat. In ihm hat sich die Verschmelzung von Negation und Sein vollendet. Er ist sozusagen die existierende Negation. Seine Existenz ist essentiell negativ oder exklusiv: exklusiv von jeder inneren Vielfalt und von jeder Beziehung zu einem Außen. Er ist das in sich selbst eingeschlossene Sein ohne Kontakt und mit irgendetwas: die abstrakte Einheit und das abstrakte Wesen.

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